Verehrte Festgäste,
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
zunächst einmal darf ich Sie alle herzlich zum Neujahrsempfang der Gebirgsjägerbrigade 23 und der Stadt Bad Reichenhall begrüßen! Es ist schön, dass Sie so zahlreich gekommen sind und damit auch im neuen Jahr 2024 mit uns verbunden sind.
Bitte sehen Sie es mir nach, wenn wir auch in diesem Jahr keine namentliche Begrüßung vornehmen. Ich möchte Sie aber umso mehr einladen, neugierig zu sein, zu schauen, wer alles da ist – und anschließend beim gemütlichen Teil auch bewusst das Gespräch mit Menschen zu suchen, die Sie vielleicht noch nicht oder wenigstens noch nicht so gut kennen. Denn eben dieses Zusammenkommen ist auch der Zweck dieses Neujahrsempfangs und Sie sind heute alle unsere Ehrengäste!
Einen besonderen Gruß (oder besser drei) möchte ich aber doch entbieten und diese jeweils auch mit einem Dank verbinden, nämlich an die Hauptprotagonisten des heutigen Abends: Ich begrüße auf das herzlichste Herrn Generalleutnant André Bodemann, der sich eigens auf den Weg nach Bad Reichenhall gemacht hat und der Festredner des heutigen Abends sein wird. Er wird gleich im Grußwort von Herrn General Bender ausführlich vorgestellt werden, ich möchte schon jetzt Danke sagen für die Bereitschaft, heute den Festvortrag zu halten, herzlich willkommen!
Mein zweiter Gruß richtet sich an das Heeresmusikkorps Ulm, das den heutigen Neujahrsempfang musikalisch so wunderbar gestaltet – haben Sie dafür herzlichen Dank!
Und zum dritten möchte ich von Herzen Dank sagen an all diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die den heutigen Neujahrsempfang organisiert haben und zum Gelingen dieses Abends ganz wesentlich beitragen! Sie haben an Festredner und Musik längst erkannt, dass die Bundeswehr in diesem Jahr federführend war und so gilt mein Dank allen Soldatinnen und Soldaten, die den Neujahrsempfang in dieser Form ermöglicht haben – angefangen von Erstellung und Versand der Einladungen bis zu den bewirtenden Ordonnanzen am heutigen Tage. Aus meinem Hause danke ich insbesondere meiner Büroleitung, Frau Schalin, für die viele Mühe, die Sie auf die Organisation des heutigen Tages verwandt haben, herzlichen Dank dafür!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben nun schon Mitte Januar und in diesem noch jungen Jahr auch bereits einiges erlebt, Sie haben sicherlich bereits etliche Male den Wunsch „frohes neues“ gehört. Aber da immerhin noch rund 50 Wochen vor uns liegen, möchte ich auch von dieser Stelle aus jedem Einzelnen von Ihnen ein gutes, gesundes und glückliches Jahr 2024 wünschen! Möge dieses Jahr ein friedlicheres und konstruktiveres werden, mögen Sie alle bei Ihrem Tun den gebührenden Erfolg haben!
Das Jahr 2024 ist für die Stadt Bad Reichenhall in dreifacher Hinsicht ein besonderes:
Zum ersten feiern wir in diesem Jahr 125 Jahre Staatsbad Bad Reichenhall. Seit 1890 hieß die Stadt Reichenhall nunmehr „Bad Reichenhall“ und 1899 verlieh damals noch der Bayerische König der Stadt das Prädikat eines Königlich Bayerischen Staatsbades. Diese Auszeichnung als Staatsbad hat alle Wirren, alle Wechsel der Staatsformen und zwei Weltkriege überdauert und sorgt nach wie vor für ein hervorragendes Engagement des Freistaates Bayern in unserer Stadt. Dieses wollen wir mit einem Festakt in diesem Hause auch würdig begehen.
Zum Zweiten feiert unsere Städtische Wohnbaugesellschaft heuer ihr 75-jähriges Jubiläum. Günstigen Wohnraum zu schaffen war eine der drängendsten Aufgaben nach dem Krieg und man hat in Bad Reichenhall seinerzeit den mutigen Weg beschritten, dies mittels einer eigenen Gesellschaft zu tun. Diese Aufgabe der Schaffung bezahlbaren Wohnraums ist bemerkenswert aktuell und ich füge hinzu, sie betrifft auch das Miteinander von Stadt und Bundeswehr. Wir wollen auf dem Sektor des Neubaus künftig aktiver sein und darum ist geplant, die Feierlichkeit zum 75. Jubiläum der Wohnbau ganz bewusst mit einer Grundsteinlegung zu verbinden – liebe Frau Reime, ich freue mich darauf!
Zum dritten wird die Stadt Bad Reichenhall heuer ihr erstes Integriertes Stadtentwicklungskonzept bekommen, das die grundsätzliche Entwicklung der Stadt bis ins Jahr 2040 vorzeichnen soll. Wir haben dafür fleißig gearbeitet, zuletzt fand am Montag eine Zukunftswerkstatt mit der Bürgerschaft statt, Sie haben es der Presse ausführlich entnehmen können. Es wird im April eine sogenannte Stadtratswerkstatt folgen und Mitte des Jahres soll das ISEK vom Stadtrat beschlossen sein. Wir haben damit sowohl die konzeptionellen Grundlagen als auch den Zugang zu Fördermitteln aus der Städtebauförderung, um dringend notwendige Investitionen in unserer Stadt zu tätigen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Ihnen nicht verschweigen, dass ich durchaus auch sorgenvoll auf die Entwicklungen in unserem Land, in Europa und der Welt blicke. Ich möchte Ihnen heute einen Grund dafür nennen und Ihnen auch anekdotisch offenlegen, warum ich dies zum Thema meines Grußworts am heutigen Abend mache. Meine Frau und ich waren am Silvestertag länger im Auto unterwegs – und da das Radioprogramm musikalisch gerade nichts Passendes hergab, entschieden wir uns für den Nachrichtensender BR24.
Dort lief zufällig eine gut gemachte Radioreportage, die sich mit aktuellen Entdemokratisierungstendenzen in Deutschland beschäftigte. Kurzum, das Radioteam war an verschiedenen Orten Deutschlands unterwegs und fing Stimmen ein – von radikalen Impfkritikern, Rechtsradikalen in Ostdeutschland und von normalen Bürgern in besonders von Migration geprägten Stadtvierteln. Es war insgesamt erschreckend, welche Ansichten dort zum besten gegeben wurden. Mal wurde Putin in der Opferrolle gesehen, mal an gewaltsame Revolution gedacht – und gleichsam durchgängig behauptet, unsere Demokratie sei in Wahrheit gar keine Demokratie.
Das lässt einen mit dem Kopf schütteln, aber wir sollten uns nicht täuschen lassen – das ist nicht ein Promill Verrückter, das passiert nicht irgendwo weit weg und beileibe auch nicht nur in den drei ostdeutschen Ländern, in denen im Herbst diesen Jahres Landtagswahlen sind. Auch ganz konkret hier bei uns erfahre ich in Gesprächen allzu häufig, dass Menschen grundlegend mit dem System unserer Demokratie hadern, aus den unterschiedlichsten Gründen und selten so offen ausgesprochen.
Die These des begleitenden Politikwissenschaftlers in der Reportage war, dass wir eine paradoxe Gleichzeitigkeit von Demokratisierungs- und Entdemokratisierungstendenzen erleben. Die Demokratie erfreut sich in allen Umfragen extrem stabiler Zustimmungswerte – und trotzdem fühlen sich viele Menschen in Deutschland von dem System der repräsentativen Demokratie vielfach nicht gemeint oder nicht erreicht. Und so lautete die Hauptthese, dass wir es weniger mit einer Krise der Demokratie, sondern vielmehr mit einer Krise der Repräsentation zu tun haben.
Es spricht manches für diese These, einiges auch dagegen – für weitere Gedanken dazu empfehle ich Ihnen den Essay „(Ent-)Demokratisierung der Demokratie“ von Philipp Manow, erhältlich bei der Bundeszentrale für politische Bildung. In jedem Falle möchte ich heute Abend festhalten, dass dringender Handlungsbedarf besteht, für jeden einzelnen von uns und für die politischen Mandatsträger, mich eingeschlossen, ganz besonders.
Denn wie kann es eigentlich sein, dass in einem so wohlhabenden Land wie Deutschland sich immer mehr Menschen abgehängt fühlen? Wie kann es sein, dass demokratischen Prozessen misstraut wird? Dass mehr als einmal die Aussage kommt, es sei „eh alles gesteuert“? Wie kann es sein, dass einem Staat grundlegend misstraut wird, dessen Sozialleistungen, Subventionen und Annehmlichkeiten wie Reisefreiheit, Sicherheit und Wohlstand hingegen liebend gerne angenommen werden?
Wir müssen diese Fragen offen stellen, richtig beantworten und wirksam handeln. Ich möchte Ihnen beispielhaft drei Schlüsse nennen, die ich für mich gezogen habe, aus der Radioreportage und aus etlichen Gesprächen, und die für mich gleichsam meine guten Vorsätze für das neue Jahr 2024 werden.
Erstens: Wir müssen Entscheidungen transparenter machen. Wir müssen die Prozesse von Politik besser sichtbar machen. Und wir müssen den Leuten viel mehr erklären, welche Zwänge bestehen, welche Gründe und welche Ziele mit dem jeweils eingeschlagenen Weg verbunden sind. Wir brauchen damit nicht nach Berlin oder Brüssel zu gehen, auch in Bad Reichenhall und im Berchtesgadener Land gab es in der Vergangenheit die ein oder andere Entscheidung, die wir der Bevölkerung nicht hinreichend verständlich machen konnten. Ich bin überzeugt, dass die ganz überwiegende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger viel verstehen und mittragen, wenn wir nur die Hintergründe und Alternativen darstellen und einer breiten Diskussion zuführen.
Der zweite Vorsatz ist: Wir müssen auch Probleme offen ansprechen und Dysfunktionalitäten, wo immer sie sich zeigen, beheben. Ich möchte ganz offen bekennen, dass Inhaber jedweden Amtes höchst ungern über Dinge sprechen, die nicht guten laufen. Ich nehme mich da selbst gar nicht aus, ich nehme auch die Stadt Bad Reichenhall davon nicht aus. Und trotzdem ist es wichtig und wir sollten es öfter tun. Denn nur mit einer offenen, ehrlichen und vollumfänglichen Problemanalyse ergibt sich auch der Weg zur Lösung. Und zur Ehrlichkeit gehört auch, und wir wollen ehrlich sein, dass wir in den letzten Jahren gesehen haben, dass es Dysfunktionalitäten in unserem Staatswesen gab und gibt – während der Coronakrise, in der Migrationspolitik und ja erlauben Sie mir die kritische Bemerkung, auch in der Bundeswehr und auch bei der Stadt Bad Reichenhall. Ich glaube, wir haben hier noch einiges zu tun, sind aber auf einem guten Weg.
Und das bringt mich zum dritten Punkt: Wir müssen auch Erfolge mehr benennen und eine ganz grundlegende Zuversicht geben. Vielleicht haben wir bei der rasanten Abfolge an Krisen zu sehr darauf vergessen, auch das Positive ins Schaufenster zu stellen und zu erwähnen, dass sämtliche Krisen der letzten Jahre (bei allen Schwierigkeiten) alles in allem erfolgreich gemeistert worden sind. Wenn wir neben der Krisenbewältigung und der Krisenvorsorge auch wieder mehr den Blick auf wichtige Infrastrukturprojekte und Wege in die Zukunft lenken, dann wird es auch gelingen, wieder diejenige grundlegende Zuversicht zu wecken, die Deutschland nach dem Krieg geprägt, zum Wirtschaftswunder, zur Wiedervereinigung und hinein in das neue Jahrtausend geführt hat. Ich fordere weniger Verhinderungsgeist, mehr Verwirklichungsgeist! Weniger Miesmacherei, mehr konstruktive Lösungsorientiertheit! Weniger Aufgeregtheit und mehr Vernunft!
Ich hoffe, ich habe Ihnen mit meinem Grußwort zwischenzeitlich nicht die Laune verdorben und habe Ihnen darstellen können, dass wir etwas tun können, aber eben im neuen Jahr auch etwas tun müssen. Zweifellos ist 2024 nicht 1924. Aber aus den Parallelen lässt sich jedenfalls eine Erkenntnis gewinnen, die auch unser Grundgesetz durchzieht: Wehret den Anfängen!
Zur Auflockerung möchte ich mit einem gewohnt launigen Zitat von Winston Churchill schließen, der da sagte: „Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen – abgesehen von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind.” Lassen Sie uns in diesem Sinne mit aller Entschiedenheit für den Fortbestand und die Weiterentwicklung unserer liberalen, repräsentativen Demokratie eintreten! Wenn wir das tun, dann wird das Jahr 2024 auch ein gutes! Ich freue mich auf den weiteren Abend und ich freue mich mit Ihnen auf ein frohes neues Jahr 2024!
(Foto: Hellwig / Bayernwelle)