Es gibt Momente im Leben, da verschlägt es einem die Sprache – selbst dann, wenn man das Reden sonst gewohnt und um keine Antwort verlegen ist. Genau so erging es mir, als ich am vergangenen Dienstag nachmittags mit einem Blumenstrauß vor der Haustür von Simon Potschacher-Eisl stand. Ich war gekommen, um als kleine Überraschung in schwieriger Zeit zum halbrunden Geburtstag zu gratulieren, doch Sie, Frau Potschacher-Eisl sagten mir, dass ich zu spät gekommen sei. Ich verstand erst nicht recht und dann wurde es für mich Gewissheit:
Simon Potschacher-Eisl ist am 7. Februar und damit wenige Stunden vor seinem 85. Geburtstag von uns gegangen. Aus meinem Besuch wurde statt einer Gratulation ein tröstendes Gespräch, bei dem wir beide unsere Sprachlosigkeit überwunden haben und dankbar auf das erfüllte Leben von Simon Potschacher-Eisl zurückgeblickt haben.
Ich möchte Ihnen, liebe Frau Potschacher-Eisl, Ihrem Sohn Rudi und allen Verwandten auch von dieser Stelle mein Beileid aussprechen und Ihnen viel Kraft wünschen!
Auch heute ist es für mich persönlich ein Versuch, die Sprachlosigkeit zu überwinden, die wir gemeinsam empfinden, wenn ich nun die Persönlichkeit, das Leben und die Verdienste von Simon Potschacher-Eisl würdige. Ich tue dies im Namen der Stadt Bad Reichenhall und spreche stellvertretend auch für alle Ortsvereine, denen er zeitlebens eng verbunden war.
„Die Ernte ist groß, aber der Arbeiter sind wenige“, so heißt es an einer Stelle im Matthäus-Evangelium und dieser Satz, ja diese Einladung passt (so finde ich) sehr gut auf das Leben von Simon Potschacher-Eisl.
Denn für ihn war es keine Frage, sich in den Dienst der guten Sache zu stellen und daran mitzuarbeiten an dem, was er als gut und richtig erkannt hatte. Er wusste, was Arbeit ist und für ihn war es selbstverständlich, zu denjenigen zu gehören, die sich weit über das eigene Erwerbsleben hinaus in Staat und Gesellschaft engagieren.
Er wusste, dass die Ernte groß ist, der Arbeiter aber wenige sind und dass es auch auf ihn ankam. Er handelte dabei aus seinem christlichen Glauben heraus, dass es sich in einem höheren Sinne lohnte, ein solcher Arbeiter zu sein und an der aktiven Gestaltung der Gemeinschaft und seines persönlichen Lebensumfeldes ehrenamtlich mitzuwirken. Er war dabei ein besonders bodenständiger, fleißiger und einsatzfreudiger Mensch, den ich persönlich zumeist mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen kennen gelernt habe.
Simon Potschacher-Eisl gehörte dem Stadtrat der Stadt Bad Reichenhall seit dem Jahr 1978 an, übernahm also Verantwortung für die ganze Stadt, unmittelbar nachdem sein geliebtes Karlstein eingemeindet worden war. Er war einer der Garanten dafür, dass ein Zusammenwachsen von Karlstein und Reichenhall in Köpfen und Herzen möglich war und der Ortsteil Karlstein seine Identität und seine liebenswerten Eigenheiten doch behalten konnte. Er war dabei getragen von der im besten Sinne konservativen Überzeugung, dass Veränderung notwendig ist und gleichwohl das Bewährte eben auch bewahrenswert ist. Simon Potschacher-Eisl erfreute sich in der Bevölkerung allezeit großer Beliebtheit, was eindrucksvoll dadurch unterstrichen wird, dass er dem Stadtratsgremium von 1978 bis ins Jahr 2002 ununterbrochen angehörte, er also insgesamt vier Mal hintereinander in das höchste Gremium unseres kommunalen Gemeinwesens entsandt wurde. Bereits im Jahre 1992 wurde er mit der Dankesurkunde für kommunale Verdienste geehrt, und nach seinem Ausscheiden aus dem Stadtrat im Jahre 2002 ausgezeichnet mit der Goldenen Ehrennadel der Stadt Bad Reichenhall.
Seine Heimat hatte Simon Potschacher-Eisl im Bruckthal, an einem der schönsten Orte im Stadtgebiet gelegen, der zugleich das Zentrum seines so sehr geliebten Familienlebens darstellte. Beruflich war er als Schneider langjährig in der Standortverwaltung tätig und war dort ein überaus geschätzter Kollege.
Seine politische Heimat fand Simon Potschacher-Eisl in der Christlich-Sozialen Union, der er insgesamt 57 Jahre lang angehörte. Bei seinem Eintritt in die CSU im Jahre 1965 hieß der Parteivorsitzende noch Franz Josef Strauß und der Bayerische Ministerpräsident Alfons Goppel. Viel hat sich verändert seit jenen Tagen, seine Treue zu seiner Partei hielt in all den Jahren ebenso wie seine christlich-soziale Grundüberzeugung, wofür ich namens des CSU-Ortsverbands Bad Reichenhall und des CSU-Kreisverbands Berchtesgadener Land heute Respekt bekunden und Dank sagen darf.
Das tiefe Gefühl, in Bayern und besonders in Karlstein „dahoam“ zu sein, fand für Simon Potschacher-Eisl Ausdruck in seiner langjährigen Mitgliedschaft im Gebirgstrachtenerhaltungsverein „D’Kranzlstoana“, dem er bereits seit 1959 angehörte. Es war für ihn Selbstverständlichkeit und inneres Anliegen, gemäß dem Wahlspruch „Treu dem guten alten Brauch“ zu handeln und seine Verbundenheit mit der Trachtensache zeigte sich auch darin, dass er gern an Veranstaltungen der Kranzlstoana teilnahm. Er war immer zur Stelle, wenn man ihn brauchte und besondere Tätigkeiten auszuführen waren: So fungierte er etwa als Ansager bei Veranstaltungen oder als Wahlleiter bei mehreren Neuwahlen im Verein.
Auch die Freiwillige Feuerwehr trauert um eines ihrer verdientesten Mitglieder: Simon Potschacher-Eisl ist am 01.07.1953 mit 16 Jahren in die Feuerwehr Petting eingetreten und 1957 zur Feuerwehr Karlstein gekommen. Er war – und das nicht nur in der Feuerwehr – ein Karlsteiner Urgestein im besten Sinne. Nach der Ausbildung zum Gruppenführer war er jahrelanger stellvertretender Löschzugführer in der Karlsteiner Wehr. Nach 47 Jahren ging er in den Feuerwehrruhestand und erhielt für seine großen Verdienste das Ehrenzeichen der Feuerwehr erster Klasse. Er war Ehrenmitglied im Feuerwehrverein, den er bis zu seinem Tode aktiv unterstützte. Bei der historischen alten Feuerwehr vom Löschzug Karlstein war er äußerst aktiv und mit seinem umfangreichen Wissen ein gerngesehener und beliebter Kamerad. Er wird seinen Kameraden in der Feuerwehr fehlen, die allezeit eine gute Erinnerung und ein ehrendes Angedenken an ihren „Simmerl“ bewahren werden.
In besonderer Weise prägend und sichtbar war Simon Potschacher-Eisls Wirken im Roten Kreuz. Dort stellte er unter Beweis, dass er selbstlos für seine Mitmenschen da sein wollte und dabei auch große Verantwortung trug. Von 1967 bis 1995 war er parallel zu seinem Beruf auch ehrenamtlich im Krankentransport- und Unfallrettungsdienst tätig. Das Rote Kreuz (wie auch die Karlsteiner Feuerwehr) waren ihm in allen unterschiedlichen Funktionen, die er ausfüllte, immer auch Gemeinschaft: Neben den geleisteten Diensten stand für ihn das Zusammenkommen und die Geselligkeit im Vordergrund, ob bei Grillfesten, Stüberlausflügen oder besonderen Feiern. Es ist kein Zufall, dass er seine Leidenschaft für das Helfen im Roten Kreuz auch innerhalb seiner Familie weitergegeben hat. In seiner über 50-jährigen Mitgliedschaft hat Simon Potschacher-Eisl viele Veränderungen im hiesigen Roten Kreuz erleben und mitgestalten dürfen. Besondere Höhepunkte waren 1976 die Einweihung des Rot-Kreuz-Hauses an der Riedlstraße, das 100-Jahr-Jubiläum der Sanitätskolonne oder 2017 die Feier „125 Jahre BRK-Bereitschaft“. Er war mit seinem Roten Kreuz eben gerne auf dem Weg und vielleicht ist das beste Sinnbild dafür, dass er von 1987 bis 2005 alljährlich als Rot-Kreuz-Begleiter an der Fußwallfahrt von Anger nach Maria Kunterweg teilgenommen hatte – ganz so, wie es seiner Grundeinstellung entsprach.
Im Rückblick auf Leben und Wirken von Simon Potschacher-Eisl können wir heute dankbar sagen: „Auferstehung ist unser Glaube, Wiedersehen unsere Hoffnung und Gedenken unsere Liebe.“
Und so begleiten wir ihn heute auf seinem letzten irdischen Weg und verneigen uns in stiller Trauer: Simon Potschacher-Eisl, er ruhe in Frieden!
Trauerrede von Dr. Christoph Lung bei der Beisetzung am Friedhof St. Zeno